Samstag, 26. September 2009

"GZSZ": Der Hannibal Lecter unter den Soaps

Ja, ich wage es tatsächlich Deutschlands quotenstärkste Soap mit der Romanfigur Hannibal Lecter von Thomas Harris zu vergleichen, die wo wohl vielen aus dem Film "Das Schweigen der Lämmer" bekannt ist. Dies möchte ich natürlich auch umgehend rechtfertigen oder erklären. In letzter Zeit, wenn ich "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" schaue, beschleicht mich immer so ein merkwürdiges Gefühl. Ein Gefühl, welches wohl auch auf Hannibal Lecter zutrifft. Man fühlt sich irgendwie angezogen, man sieht positives, was man schätzen, wenn nicht sogar lieben könnte. Dann ist da aber auch noch diese abstoßende Seite, wo man am liebsten wegsehen würde und einen wieder bewusst wird, warum man unter Verruf steht ein blutrünstiges Monster zu sein. Und ja, diese Einschätzung von mir trifft sowohl auf Hannibal Lecter als auch auf "GZSZ" zu.
Denn bei unserer manchmal über alles geliebter Berlin-Soap sehe ich oft gute Ansätze. Ich sehe Szenen die mich wirklich bewegen, Schauspieler die ihre Rolle überzeugend spielen und Geschichten die großes bei meinem Fan-Herz bewirken können. Dann ist da aber auch diese dunkle Seite, die sich nur allzu gerne zeigt, wo ich mir schlechte Dialoge [die bei "GZSZ" wirklich richtig mies sind] mit Kraftausdrücken anhören muss, Schauspieler die jämmerlich unter gehen und Wandlungen in Stories die mich einfach nur mit dem Kopf schütteln lassen. So sitze ich meist erwartungsvoll vor dem Fernseher, werde eine Zeit lang gut unterhalten, bis dann das schreckliche Erwachen kommt. Und diese emotionale Achterbahn begleitet mich in nur 35 Minuten Soap.
Zwischen Vorbild und dem Anti-Helden der deutschen Soaplandschaft - das ist "GZSZ". Wenn ich sehe wie sich ein paar Menschen immer wieder auf diesen furchtbar grauen Kiez rumtreiben, vergeht mir die Lust an Berlin. Dann gibt es aber auch kleine nette Außendrehs, die Carsten (Felix Isenbügel) beim Joggen oder Pia (Isabell Horn) und Jasmin (Janina Uhse) am See zeigen. Es gibt einen John (Felix von Jascheroff), der mich mit seiner Entschuldigung an Caro (Jessica Ginkel) - inklusive Tränen in den Augen - wirklich berührt, während ich Caro keinerlei Gefühle abnehme. Weder die Verzweiflung wegen ihrem ungeborenen Sohn, noch die aufkeimenden Gefühle für Ex-Freund Tim (Oliver Bender). Es gibt eine Verena (Susan Sideropoulos), die mich zum strahlen bringt, wenn sie Pia ein paar Takte erzählt, nachdem diese sich an ihren PC zu schaffen gemacht hat. Es gibt aber auch die Verena, die in einem Liebesdreieck gefangen ist, dass aus ihr eine Soap-Heroine machen soll, die sie einfach nicht ist. Es gibt den am Rollstuhl gefesselten Leon (Daniel Fehlow), der sich an ein neues Leben gewöhnen muss. Doch die Story verkommt, indem man sich auf seine Potenz anstatt auf das eigentliche Problem konzentriert. Es gibt One-Night-Stands, die einfach keine Rolle spielen [erinnert ihr euch an Pia und Dominik (Raúl Richter)?] aber zumindest eine scheinbar eingeführte Sex-Quote nach oben bringen. Dann gibt es aber auch bewegende Gespräche oder einen guten Abgang, wie gerade von Carsten in dieser Woche gezeigt. Doch das kann auch nur bedingt über die tägliche Benutzung von Worten wie "Schlampe", "gevögelt", "Alte", "Arschloch", "ficken" oder "Wichser" [... etc.] hinweg trösten. Und da die natürlich noch nicht reichen, holt man sich aus dem Englischen noch "Fuck" und "Shit" dazu.
So fühle ich mich Täglich hin- und hergerissen zwischen gespannten Zusehen und völlig entblösten Wegsehen. Und das zieht sich über eine gesamte Folge "Gute Zeiten, schlechte Zeiten" - dem Hannibal Lecter unter den Soaps.

Foto: © RTL

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