Dienstag, 27. Oktober 2009

"GZSZ": Niveaulos, schwachsinning, dämlich


Ich muss euch ganz ehrlich gestehen, dass ich immer noch ein bisschen unter Schock stehe. Als langjähriger Soap-Fan der ich bin muss ich nun zum ersten Mal sagen, dass ich mich dank "GZSZ" deswegen schäme. Schon einiges mussten die Zuschauer in den letzten Jahren über sich ergehen lassen, doch was uns die meistgesehenste (!!!) deutsche Soapopera da gestern Abend zeigte, war niveaulos, schwachsinnig und unglaublich dämlich!
Was ist passiert? Wo ist das letzte bisschen Verstand der Autoren hin oder denkt man in Potsdam-Babelsberg ehrlich, dass sich diese Gruselvorstellung einer gerne anschaut? Doch nun erstmal der Reihe nach, um auch diejenigen aufzuklären denen diese erbärmliche Vorstellung erspart geblieben ist. Verena (Susan Sideropoulos) befindet sich nun seit Wochen in einem Liebesdreieck zwischen Leon (Daniel Fehlow) und Tayfun (Tayfun Baydar). Nachdem sie eine Affäre mit Tayfun begann und Leon dahinter kam, war dieser sich sicher, dass dies nur an seiner fehlenden Manneskraft liegen kann. Und da Sex durchaus wichtig ist hat er auch sogleich eine Idee wie Verena den Freifahrtschein zum Fremdgehen bekommen darf: Sie schläft mit jemand anderen und er schaut dabei zu. So nun seine Idee, als er einen Callboy für seine Freundin arragiert. Die romantische Lustwiese in seinem Club (!!!) vorbereitet, versucht Verena sich auf das Spiel einzulassen und nach Leons Kräften den geplanten Dreier zu genießen. Doch sehr schnell ist Verena mit der Situation überfordert und flüchtet - in die Arme von Tayfun. Leon versteht derweil die Welt nicht mehr und fragt sich was schief gelaufen ist - war dies doch scheinbar der ideale Ausweg aus der Beziehungskrise.
Nun versuchte ich die vergangenen Wochen ja wirklich hinter die Motivation für den ganzen Blödsinn zu steigen, versuchte Sachen zu finden, die mich an der Geschichte dann irgendwie doch reizten - gestern Abend war gegen 20 Uhr davon wirklich gar nichts mehr übrig. Ich war die Versuche einfach Leid. Es ging einfach nicht mehr. Ich verstehe das Handeln der einzelnen Rollen nicht, den Sinn der Story genauso wenig und auch nicht warum man bei einer Gehbehinderung das Sexleben zum übergroßen Thema machen muss. Es stimmt einfach alles hinten und vorne nicht. Der einzige Sinn den ich in dieser Geschichte sehe, ist den Begriff Sex in allen Richtugen so oft wie möglich zu gebrauchen. Auf was anderes kann diese Story gar nicht mehr abzielen, denn alle anderen Wege hat man sich restlos verbaut. Mit Leon eine Rolle zu haben, der zulässt das seine Freundin mit einem Callboy schläft, passt einfach so gar nicht zu dem Charakter den wir seit dreizehn Jahren doch kennen sollten. Auch Verena zwischen ein paar verwirrten Blicken und einem Dauergeheule scheint von der weiblichen Powerfrau so gar nichts mehr zu haben. Selbst Tayfun, einen Charakter den man sich gerade erst versucht aufzubauen und zu intigrieren, wird in diese schamlose Storypanne mit hinein gezogen. Alle drei Rollen wirken mittlerweile unglaubwürdig oder nervig.
Noch schlimmer ist aber welchen großen Raum die Geschichte in dem Mirkokosmos "GZSZ" derzeit einnimmt. Es vergeht kaum ein Tag wo diese Geschichte nicht Bestandteil einer Folge ist, auch beinahe jeder Vorschau-Trailer handelt von dieser kaputten Story - es ist einfach nicht mehr zum aushalten.
Wo ist die Tiefe geblieben? Wo sind die Charakterzüge der einzelnen Rollen, die sie voneinander unterscheiden? Wo sind die wirklichen Storylines? Hier kann ich so gar nichts erkennen! Und als ob das nicht schon alles schlimm genug wäre, zählt "GZSZ" auch noch als Soap mit einem jugendlichen Zielpublikum. Was bitteschön möchte man der Jugend mit dieser Geschichte sagen? Warum muss man in so einem Format die Vertikal-Sprache bis zu den äußersten Grenzen ausreizen und Sex zum Hauptthema der Serie machen?
Natürlich trifft das nicht auf alle Stories zu, doch ein Niveauverlust ist hier deutlich zu spüren und schweigen kann man darüber einfach nicht mehr. Nicht wenn täglich über drei Millionen Zuschauer zusehen und sich RTL und Grundy damit preisen dürfen, dass dieses Format in der Spitze 25% der 14-49-jährigen zum Einschalten bewegen kann.
Und noch ein kleiner Hinweis zu den anderen beiden Stories von gestern Abend: Nur weil Katrin (Ulrike Frank) und Alexander (Clemens Löhr) in der gleichen Altersklasse sind, ist es nicht zwangsläufig eine gute Idee, dass die beiden auch noch was miteinander anfangen. Auch sollte man festzuhalten, dass Emily (Anne Menden) in den vergangenen zwei Jahren eine Entwicklung durchgemacht hat, die bei den Zuschauern ankam - da muss man den Charakter nicht wieder in eine Zeit zurückbringen, wo die Rolle ein Hassobjekt für Fans war.
So bleibt festzuhalten, dass "GZSZ" zwar immer noch die populärste und meist gesehenste Soap Deutschlands ist - ein Aushängeschild ist sie mit dem heutigen Tage aber definitiv nicht mehr. Im Gegenteil, heute hat man im Großen und Ganzen gezeigt, warum die öffentliche Meinung über Soaps so schlecht ist. Vielen Dank für dieses traurige Geschenk!

Photo: © RTL

9 Kommentare:

  1. Mir scheint, daß Du noch ein wenig zu jung und unerfahren bist, um diese Geschichte zu verstehen. Sex ist etwas verdammt Wichtiges in einer Beziehung - wenn auch nicht das WichtigSTE. Sprich mal mit Menschen, die nicht mehr dazu in der Lage sind Sex zu haben, wie sie sich damit fühlen und was sie alles tun würden, um eine glückliche und - wenigstens für ihren Partner erfüllende - Beziehung zu führen. Da tun sich eben für den "gesunden" Menschen teilweise Abgründe auf.
    Deine Haltung ist ein wenig arrogant. Eine Beziehung besteht nicht nur aus Händchen halten. Und heutzutage kann man sich mit einer Behinderung durch moderne Hilfsmittel sehr gut arrangieren - wenn aber die Potenz schlicht und ergreifend fehlt, ists in dem Punkt aus. Meiner Meinung nach eine sehr gute und realistische Geschichte - wenn auch nicht unbedingt von den besten Schauspielern dargestellt. An der Story selbst gibts aber nix zu meckern.

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  2. Jedem ist dazu wohl seine eigene Meinung erlaubt. Meine Auffassung ist nur, dass Sex hier eine zu große Rolle spielt. Ich sage nicht, dass man das ganze unterschätzen sollte. Auch nicht, dass man es komplett auslassen sollte - doch hier ist der Sex das Wichtigste geworden. Man sollte speziell in einer Soap eine Story jedoch nicht nur daraus ausrichten. Schon gar nicht mit den genannten Punkten und in der Form.
    Das ist meine Meinung dazu und du hast deine. Kein Grund zu glauben, dass ich da zu unerfahren wäre oder persönlich zu werden und mich als arrogant darzustellen. Darüber diskutieren kann man immer und gerne, jedoch dann bitte auf respektvoller Weise.

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  3. @Anonym: Und meiner Meinung nach ist es eine extrem dämlich geschriebene Geschichte, in der speziell der einstigen Powerfrau Verena jeder interessante Charakterzug genommen wurde. Und das liegt nicht auch nicht an den Schauspielern, die hatten schon andere Stories wo sie mir wesentlich besser gefallen haben.

    Natürlich ist Sex wichtig. Ohne Frage. Und ich finde es auch völlig legitim, das zu einem Bestandteil der Story zu machen. Aber das Problem dabei ist, dass es sich fast nur darum dreht. Etwas überspitzt ausgedrückt könnte man sagen, dass es Leon völlig egal ist, dass er nebenbei auch nicht mehr laufen kann (ja, ich weiß, ganz so ist es nicht). Und meiner Meinung nach ist es auch so, dass GZSZ zuletzt generell sehr in die Sex-Ecke abgedriftet ist. Wahrscheinlich herrscht da das Motto "Sex Sells" und entsprechend viel Bestandteil hat er bei der Soap, dass es einem wirklich zu den Ohren rauskommt. Und das soll wie gesagt nicht heißen, dass er keinen Platz hat, aber bei den anderen Soaps ist es auch ausgewogener, egal ob es das "Erste Mal" von Tobias und Micki bei Unter Uns oder die Affäre von Jenny und Marian bei Alles was zählt ist. Auch da wird das Thema Sex behandelt und kommt vor, aber als Teil der Story und nicht als die alleinige Story.

    Bezeichnenderweise haben sie im IOFF-Forum dem neusten GZSZ Thread den Untertitel "Wieviel Sex verträgt eine Soap" verpasst.

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  4. die story ist einfach grässlich. weiß nicht wie einem daran was gefallen kann. sex wird hier als übermaß genommen und das in einer serie die jugendliche als zielgruppe hat.

    und ich stimme zu, dass ich bei GZSZ derzeit sehr viel um zeit dreht. ich finde es einfach übertrieben und wie lukas geschrieben hat, ja auch niveaulos.

    bin aber dankbar dafür, dass die story so gut wie nirgendwo ankommt und die erste meinung hier wohl eine außnahme darstellt. wäre schlimm wenn sich die jugend und überhaupt irgendeiner an dieser story ein beispiel nehmen würde. und das sage ich mit meinen 28 jahren. aber vielleicht bin ich ja auch noch zu unerfahren.....

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  5. An Anonym am anfang. Ich bin erst 24 Jahre alt und kann sagen das Sex für mich nicht wichtig ist weder in einer Beziehung noch sonst wo, es gibt viel wichtigeres im Leben, ob du es mir glaubst oder nicht ich sehe das so.

    Ich hoffe sehr das deine Meinung eine Ausnahme ist.

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  6. Interessant. Eigentlich ist es doch eine Soap - GZSZ geht schon seit langem in Richtung Reality, was die Stories anbelangt. Ich habe mehr das Gefühl, daß die letzten Kommentatoren hier sich eher eine süße romantische Geschichte zum Einlullen wünschen, weil es ja die Definition einer Soap verlangt: Herzschmerz, Dramatik,...
    Ich für meinen Teil finde es / den Versuch gut, daß Situationen realistisch wiedergegeben werden. Merkwürdig, daß hier kaum einer der Kommentatoren auf meine Meinung zu Behinderungen im REALEN Leben in puncto Sex eingegangen ist. Vielleicht fehlt da doch ein wenig der Bezug zur Wirklichkeit außerhalb des TV ;-) (die eben nunmal nicht aus wirren Entführungen, Mordversuchen oder Komplotten besteht sondern aus so simplen Dingen wie das Fehlen von Sex in der Partnerschaft). Soaps sollten wohl im Allgemeinen nicht als Vorbild für die Jugend dienen, wenn man einfach nur mal diesen Blog (oder andere Seiten) liest und sich über den Inhalt diveser Soaps informiert.
    Ach ja, und Alter schützt übrigens vor Unerfahrenheit nicht, da ja hier mein Kommentar über Jugendlichkeit angekreidet wurde.
    PS @ Lukas: deine Haltung - sprich Deine Meinung - zu einem gewissen Thema habe ich als arrogant bezeichnet - nicht Dich. Das ist ein großer Unterschied.

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  7. Wie schon gesagt, mir kommt da einfach zu kurz, dass die Behinderung in Sachen Sex eben nicht die einzige Behinderung ist, die Leon hat. Dass er auch nicht mehr laufen kann, wird beinahe völlig ignoriert. Ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn Leons sexuellem Problem ein gewisser Spieraum eingeräumt wird, war bei Andy Lehmann ja damals auch so. Aber so, wie es nun dargestellt wurde, ging es mir zu weit, und aufgrund der völligen Fixierung auf dieses Thema fand ich es auch nicht realistisch. Wobei mir Realismus in Soaps ehrlich gesagt auch egal ist. Schon allein die Altersstruktur in den deutschen Soaps macht die Daily-Soaps schon unrealistisch, also brauche ich auch nicht zu viel Pseudo-Realismus. Und das ist das, was GZSZ meiner Meinung nach bietet.

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  8. Wenn GZSZ irgendeine Art von Realität darstellt, bin ich dankbar, dass diese weit entfernt von meinem Leben ist.
    Ich habe GZSZ jahrelang geschaut. Dank dieser Geschichte hab ichs aufgegeben. Die Story dient nicht dazu um uns den Umgang mit Sex durch eine Behinderung zu zeigen. Wer das denkt ist einfach schlichtweg naiv.
    Alles zielt nur darauf ab den Zuschauer ein Problem in der Beziehung zu zeigen, damit sich in diesem Fall hier Verena einen anderen Mann zu wenden kann. Schon alleine wie Leons Unfall aufgebaut war und es danach dargestellt wurde, war einfach unglaublich dämlich.
    Und um dann wirklich mal auf die Behinderung einzugehen: Ich glaube dabei gibt es andere Probleme als sexuelle Standfestigkeit zu beweisen und die Freundin überreden zu wollen mit einem Callboy zu schlafen.
    Und für Leute wo Sex so dermaßen wichtig ist, denen muss man wohl Unerfahrenheit vorwerfen, denn die haben einfach noch nicht erkannt worauf es im Leben ankommt und können einen folglich nur Leid tun.

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  9. Die Callboy-Geschichte fand ich extrem übertrieben und das ganze hat mir nicht gefallen, aber die Abschiedsszene vom 30.10. fand ich großartig gespielt (und die Musik passte sooo gut).

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